eine Plattform für Erschöpfung und Schlaf, Faulheit und Zorn. Was macht uns müde und wie können wir davon erzählen?
mehr als eine private Befindlichkeit ist unsere Müdigkeit eine Reaktion auf ermüdende Strukturen. Wer müde ist verweigert sich den Forderungen nach konformen Körpern, gezähmten Begehren, Leistung und Geschwindigkeit. Müdigkeit bietet uns Möglichkeiten zum Widerstand und Raum für geteilte Verletzlichkeit.
in künstlerischen Publikationen, Zines und Texten wollen wir das revolutionäre Potential der Müdigkeit freilegen, ihre historischen und gegenwärtigen Formen zeigen und dazu aufrufen mehr Platz fürs müde-sein zu schaffen.
MÜDE ZINES
Die müden Zines sind eine Sammlung von risographisch gestalteten Drucken in der neun Künstler*innen die Möglichkeit zurückerobern, müde zu werden, müde zu sein und einander davon zu erzählen. Sie zeigen, dass unsere Müdigkeit weit mehr ist als eine persönliche Befindlichkeit, Müdigkeit verweist auf ermüdende Strukturen.
In unserer schlaflosen und komplexen Welt ist Müdigkeit ein Begriff mit revolutionärem Potenzial. Als müde wird beschrieben, wer dem pausenlosen Druck Leistung zu bringen, verfügbar zu sein und sich selbst zu optimieren nicht mehr nachgibt. Wer nicht anders kann oder will, als müde zu sein, verliert dadurch zu oft den Anschluss und die Sichtbarkeit. Die müden Zines folgen einer langen Historie der Kämpfe um die Frage wer müde sein darf und wer das Tempo einer Gesellschaft vorgibt.
Von den multiplen globalen Krisen unserer Zeit, über die Erschöpfung des Planeten bis hin zu prekären Arbeitsbedingungen und fehlender Solidarität – wir alle haben gute Gründe müde zu werden. Entgegen negativer Lesarten dieser Ermüdung, zeigen die Künstler*innen der müden Zines, das Potential der Müdigkeit als Methode kritischer Reflektion. Gegen die Verdrängung unserer eigenen Erschöpfungen, öffnen sie einen Raum, um gemeinsam Widerstand zu leisten und Sprachen geteilter Verletzlichkeit zu finden.
Innerhalb der müden Zines finden sich eindringliche Auseinandersetzungen mit den Erfahrungen von Mutterschaft und empathische Erzählungen zu Fragen psychischer Gesundheit. Sie enthalten Beobachtungen der Infrastrukturen unserer 24/7-Gesellschaft, Berichte aus dem Nebel der eigenen Erschöpfung und Beispiele von Müdigkeit als Zustand gesteigerter Sensibilität.
zum Release fand am 23.6. eine Lecture-Performance von Elena Carr im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten statt. Gerahmt von der Ausstellung “Intervall & Zufall” des Alligator Gozaimasu Kollektivs.
Ermöglicht durch die großzügige unterstützung von PLATFORM München im Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm (MBQ), icon verlag Hubert Kretschmer, rosidruckt -> Andreas Ullrich und Sabine Bretschneider, sowie Stephanie Müller und Klaus Erika Dietl
Teilnehmende Künstler*innen
Kaya & Blank
Martina Borsche
Elena Carr
Julia Koschler
Johanna Locher
Vanessa Luschmann
Veronica Moroder
Franziska Schrödinger
Elsa Zasche
kuratiert von Lukas Picard
KAYA & BLANK
wanderten für ihre Arbeiten lange durch das nächtliche Kalifornien. Auf den langzeitbelichteten Fotografien in ihrem Zine zeigen sie verschlungene Autobahnbrücken als Monumente der nie stillstehenden amerikanischen Wirtschaft. Doch die ikonischen Architekturen des Ölzeitalters wirken in ihren nächtlichen Aufnahmen seltsam entrückt. Es sind retro-futuristische Bilder, die gleichsam von der PS-schwangeren Utopie des American Dreams und vom melancholischen Blick heutiger Generationen auf diesen zerstörerischen Traum erzählen.
Johanna Locher
“Müdigkeit fühlt sich unterschiedlich an, von Ort zu Ort. Sie legt sich dicht an den Schlaf und hört ihm beim Atmen zu.“
Johanna Locher wandert entlang der Tag- und Nacht-Grenze. Wenn durch die Müdigkeit, wie sie sagt, "die Haut besonders durchlässig wird” entstehen dabei zarte Zeichnungen, wachsen Worte zu Gedichten und verfangen sich schwarz-weiße Landschaften in ihrer Kamera.
Vanessa Luschmann
Ghost Stories
Unvermittelt ist er eines Montagmorgens wieder da: Der Geist im Spiegel. Er steht für den temporären Zustand einer Person, der etwas Substanzielles fehlt und die nicht mehr ganz da zu sein scheint.
Basierend auf der druckgrafischen Serie „Ghost Stories“, wird der Protagonist durch eine depressive Episode begleitet: Von absoluter Lethargie zu lähmender Angst, Verdrängung, mehr oder weniger erfolgreichen Bewältigungsstrategien, bitterbösen Gedanken oder dem Gang zur Psychotherapie. Und dann, irgendwann, ist der Geist wieder verschwunden. Durchatmen bis zu seinem nächsten Besuch.
Veronica Moroder
Veronica Moroder nähert sich Momenten von Müdigkeit auf malerische Weise.
In ihrem Zine gehen alltägliche, körperliche Motive, Gedanken und Beobachtungen fließend ineinander über. Sie vermitteln Eindrücke ganz grundlegender Empfindungen von Wärme und Durcheinander, vom Suchen und Berühren. Dabei schöpft sie sowohl aus den Erfahrungen von Ermüdung und Schönheit, die das Mutter-sein mit sich bringt, als auch aus mythologischen Erzählungen. Das Zine zeigt die verrinnende und aufblühende Zeit gleichermaßen.
Elsa Zasche
Elsa Zasches Zine stellt existenzielle Fragen.
Laut Gesundheitsreferat München ist jeder dritte Mensch mindestens einmal im Leben auf professionelle Hilfe angewiesen, um aus einer Krise herauszufinden. Trotzdem sind Worte wie „Schizophrenie“, „Psychiatrie“ oder „Suizidalität“ in unserer Gesellschaft nach wie vor Tabu-Themen.
Genau darüber sollte aber dringend gesprochen werden. Psychische Erkrankungen überfordern – sowohl Betroffene als auch Angehörige. Es ist wichtig, sich dabei gegenseitig zu unterstützen!
Franziska Schrödinger
Scheiße mit Erdbeeren
Mit einer Wildtierkamera fing Franziska Schrödinger für ihr Zine “Scheiße mit Erdbeeren” nächtliche Momente ihrer Mutterschaft ein. Durch den Infrarotblitz der Kamera beleuchtet, sehen wir auf den Fotos die nächtliche Arbeit und die Ruhelosigkeit mit ihrem Kind.
Über diese Aufnahmen legt sie Texte, die Erfahrungen und Zuschreibungen zu Mutterschaft verdichten. Es sind allgemeingültige Zitate, die ihr entgegen geschleudert wurden, aber auch ganz persönliche Gedanken und Empfindungen.
Julia Koschler
Nebelbericht
»Nebelbericht« von Julia Koschler ist ein introspektives Zine, das tief in das Thema Müdigkeit eintaucht. Durch die poetische Analogie von Wasser und Erschöpfung wird die ermüdende Realität des Lebens mit chronischer Erkrankung vermittelt.
Das Zusammenspiel von Gedicht und Grafiken erzeugt ein Gefühl der Irreführung und desVerlorenseins. Trotz dieser Ernsthaftigkeit trägt das Zine eine unerwartete Leichtigkeit und Farbigkeit in sich. Es fängt die komplexen Emotionen und Herausforderungen von chronischer Erkrankung ein, ohne Schmerz und Erschöpfung zu romantisieren.
Martina Borsche
Martina Borsches Zine schaut uns an, erwartungsvoll, wie ein Kind am Morgen. Es reißt die Augen auf, wenn wir auf den umkämpften Körper während der Mutterschaft blicken.
Das Zine fragt nach den Blickregimen, die unser Zusammenleben durchdringen und zeigt Fotografien, die unheimlich nah und ungewohnt sind. So wird der Erschöpfung neue Sichtbarkeit verliehen, ohne in stereotypen Zuschreibungen von dauernder Müdigkeit aufzugehen.
Werktitel: One Eye, 2024; Breastfeeding with Feet, 2024; Sock Under the Sofa, 2021
impressum - datenschutz
design logos & identity von den wunderbaren suoloccos
unterstützt und ermöglicht von PLATFORM München
MÜDE ZINES
Die müden Zines sind eine Sammlung von risographisch gestalteten Drucken in der neun Künstler*innen die Möglichkeit zurückerobern, müde zu werden, müde zu sein und einander davon zu erzählen. Sie zeigen, dass unsere Müdigkeit weit mehr ist als eine persönliche Befindlichkeit, Müdigkeit verweist auf ermüdende Strukturen.
In unserer schlaflosen und komplexen Welt ist Müdigkeit ein Begriff mit revolutionärem Potenzial. Als müde wird beschrieben, wer dem pausenlosen Druck Leistung zu bringen, verfügbar zu sein und sich selbst zu optimieren nicht mehr nachgibt. Wer nicht anders kann oder will, als müde zu sein, verliert dadurch zu oft den Anschluss und die Sichtbarkeit. Die müden Zines folgen einer langen Historie der Kämpfe um die Frage wer müde sein darf und wer das Tempo einer Gesellschaft vorgibt.
Von den multiplen globalen Krisen unserer Zeit, über die Erschöpfung des Planeten bis hin zu prekären Arbeitsbedingungen und fehlender Solidarität – wir alle haben gute Gründe müde zu werden. Entgegen negativer Lesarten dieser Ermüdung, zeigen die Künstler*innen der müden Zines, das Potential der Müdigkeit als Methode kritischer Reflektion. Gegen die Verdrängung unserer eigenen Erschöpfungen, öffnen sie einen Raum, um gemeinsam Widerstand zu leisten und Sprachen geteilter Verletzlichkeit zu finden.
Innerhalb der müden Zines finden sich eindringliche Auseinandersetzungen mit den Erfahrungen von Mutterschaft und empathische Erzählungen zu Fragen psychischer Gesundheit. Sie enthalten Beobachtungen der Infrastrukturen unserer 24/7-Gesellschaft, Berichte aus dem Nebel der eigenen Erschöpfung und Beispiele von Müdigkeit als Zustand gesteigerter Sensibilität.
zum Release fand am 23.6. eine Lecture-Performance von Elena Carr im Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten statt. Gerahmt von der Ausstellung “Intervall & Zufall” des Alligator Gozaimasu Kollektivs.
Ermöglicht durch die großzügige unterstützung von PLATFORM München im Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm (MBQ), icon verlag Hubert Kretschmer, rosidruckt -> Andreas Ullrich und Sabine Bretschneider, sowie Stephanie Müller und Klaus Erika Dietl
Teilnehmende Künstler*innen
Kaya & Blank
Martina Borsche
Elena Carr
Julia Koschler
Johanna Locher
Vanessa Luschmann
Veronica Moroder
Franziska Schrödinger
Elsa Zasche
kuratiert von Lukas Picard
KAYA & BLANK
wanderten für ihre Arbeiten lange durch das nächtliche Kalifornien. Auf den langzeitbelichteten Fotografien in ihrem Zine zeigen sie verschlungene Autobahnbrücken als Monumente der nie stillstehenden amerikanischen Wirtschaft. Doch die ikonischen Architekturen des Ölzeitalters wirken in ihren nächtlichen Aufnahmen seltsam entrückt. Es sind retro-futuristische Bilder, die gleichsam von der PS-schwangeren Utopie des American Dreams und vom melancholischen Blick heutiger Generationen auf diesen zerstörerischen Traum erzählen.
Johanna Locher
“Müdigkeit fühlt sich unterschiedlich an, von Ort zu Ort. Sie legt sich dicht an den Schlaf und hört ihm beim Atmen zu.“
Johanna Locher wandert entlang der Tag- und Nacht-Grenze. Wenn durch die Müdigkeit, wie sie sagt, "die Haut besonders durchlässig wird” entstehen dabei zarte Zeichnungen, wachsen Worte zu Gedichten und verfangen sich schwarz-weiße Landschaften in ihrer Kamera.
Vanessa Luschmann
Ghost Stories
Unvermittelt ist er eines Montagmorgens wieder da: Der Geist im Spiegel. Er steht für den temporären Zustand einer Person, der etwas Substanzielles fehlt und die nicht mehr ganz da zu sein scheint.
Basierend auf der druckgrafischen Serie „Ghost Stories“, wird der Protagonist durch eine depressive Episode begleitet: Von absoluter Lethargie zu lähmender Angst, Verdrängung, mehr oder weniger erfolgreichen Bewältigungsstrategien, bitterbösen Gedanken oder dem Gang zur Psychotherapie. Und dann, irgendwann, ist der Geist wieder verschwunden. Durchatmen bis zu seinem nächsten Besuch.
Veronica Moroder
Veronica Moroder nähert sich Momenten von Müdigkeit auf malerische Weise.
In ihrem Zine gehen alltägliche, körperliche Motive, Gedanken und Beobachtungen fließend ineinander über. Sie vermitteln Eindrücke ganz grundlegender Empfindungen von Wärme und Durcheinander, vom Suchen und Berühren. Dabei schöpft sie sowohl aus den Erfahrungen von Ermüdung und Schönheit, die das Mutter-sein mit sich bringt, als auch aus mythologischen Erzählungen. Das Zine zeigt die verrinnende und aufblühende Zeit gleichermaßen.
Elsa Zasche
Elsa Zasches Zine stellt existenzielle Fragen.
Laut Gesundheitsreferat München ist jeder dritte Mensch mindestens einmal im Leben auf professionelle Hilfe angewiesen, um aus einer Krise herauszufinden. Trotzdem sind Worte wie „Schizophrenie“, „Psychiatrie“ oder „Suizidalität“ in unserer Gesellschaft nach wie vor Tabu-Themen.
Genau darüber sollte aber dringend gesprochen werden. Psychische Erkrankungen überfordern – sowohl Betroffene als auch Angehörige. Es ist wichtig, sich dabei gegenseitig zu unterstützen!
Franziska Schrödinger
Scheiße mit Erdbeeren
Mit einer Wildtierkamera fing Franziska Schrödinger für ihr Zine “Scheiße mit Erdbeeren” nächtliche Momente ihrer Mutterschaft ein. Durch den Infrarotblitz der Kamera beleuchtet, sehen wir auf den Fotos die nächtliche Arbeit und die Ruhelosigkeit mit ihrem Kind.
Über diese Aufnahmen legt sie Texte, die Erfahrungen und Zuschreibungen zu Mutterschaft verdichten. Es sind allgemeingültige Zitate, die ihr entgegen geschleudert wurden, aber auch ganz persönliche Gedanken und Empfindungen.
Julia Koschler
Nebelbericht
»Nebelbericht« von Julia Koschler ist ein introspektives Zine, das tief in das Thema Müdigkeit eintaucht. Durch die poetische Analogie von Wasser und Erschöpfung wird die ermüdende Realität des Lebens mit chronischer Erkrankung vermittelt.
Das Zusammenspiel von Gedicht und Grafiken erzeugt ein Gefühl der Irreführung und desVerlorenseins. Trotz dieser Ernsthaftigkeit trägt das Zine eine unerwartete Leichtigkeit und Farbigkeit in sich. Es fängt die komplexen Emotionen und Herausforderungen von chronischer Erkrankung ein, ohne Schmerz und Erschöpfung zu romantisieren.
Martina Borsche
Martina Borsches Zine schaut uns an, erwartungsvoll, wie ein Kind am Morgen. Es reißt die Augen auf, wenn wir auf den umkämpften Körper während der Mutterschaft blicken.
Das Zine fragt nach den Blickregimen, die unser Zusammenleben durchdringen und zeigt Fotografien, die unheimlich nah und ungewohnt sind. So wird der Erschöpfung neue Sichtbarkeit verliehen, ohne in stereotypen Zuschreibungen von dauernder Müdigkeit aufzugehen.
Werktitel: One Eye, 2024; Breastfeeding with Feet, 2024; Sock Under the Sofa, 2021
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